Erasmus + Mobilität in Polen
Polnisch lernen- wer diese Herausforderung annimmt, muss neugierig, offen, strapazierfähig und ein bisschen verrückt sein. Wenn man dann aber Glück hat, nimmt man an einem Sprachkurs in Polen teil und zwar nicht irgendwo, sondern im wunderschönen Danzig. Dort im von Franziskanerbrüdern geführten Maximilia-Kolbe-Haus bietet das Deutsch-Polnische Jugendwerk jedes Jahr zweiwöchige Tandemsprachkurs an.
Im Tandem mit anderen deutschen und ebensovielen polnischen Teilnehmern, versucht man sich dann den Wirren der jeweils anderen Sprache zu nähern – die Deutsche der Polnischen und die Polen der Deutschen. Im Unterricht am Vormittag ist man mit der fremden Sprache im geschützen Raum beschäftigt mit Arbeitsblättern und Sprachübungen für die man sich Zeit lassen kann, mit einer Lehrerin oder einem Lehrer, der Fehler verzeiht und irgendwie weiß, was man eigentlich sagen will. Danach bekommt man eine „Tandemaufgabe“ und einen Arbeitspartner zugeteilt, der eben Polnisch und nicht Deutsch spricht. Gemeinsam muss man vielleicht eine Stadtralley machen, ein Salatrezept in beiden Sprachen erfinden, sich selbst beschreiben und den anderen kennenlernen. Die Ergebnisse stellen alle Teilnehmern am nächsten Tag vor. Viele sind um kreative Ergebnisse bemüht, feiern gar den Geburstag des Chinchillas zweisprachig, sodass lautes Gelächter aus dem Seminarraum erschallt. In diesen Plenumsphasen sind die Organisatoren Kuba und Basia da, die beide Sprachen sprechen und vermitteln können. In der restlichen Zeit aber muss man sich der anderen Sprache stellen, denn bei Ausflügen in Museen, an den Strand oder in die schönen Kneipen Danzigs sind die Lernenden auf sich selbst und ihre Fremdsprachenkenntnisse angewiesen. Man macht herrliche Fehler, sagt z.B. „Do widzenia“ (Auf Wiedersehen“) statt „Na zrdrowie“ („Prost“). Obwohl man sich in der andern Sprache kaum auskennt, ist man in der Gruppe der Teilnehmenden nicht verloren, denn alle wollen lernen, alle versuchen sich in komplizierten Lauten. Wer hätte gedacht, wie schwer ein „Ü“ sein kann für plonisch geprägte Zungen. Darüber wird gemeinsam gelacht und sich mit Vokabeln ausgeholfen. Die Motivation zu Lernen geht soweit, dass man bis spät in die Nacht Vokabeln, Zischlaute, Fälle und die gefürchteten Präpositionen (przyimki), mit denen alle Probleme haben, lernt und das Gefühl hat, dass neue Gehirnregionen belegt werden.
Aber nicht nur die Sprache, sondern besonders die Menschen, die man kennenlernt sind spannend. Wer wohnt schon freiwillig zwei Wochen mit einer zunächst völlig unbekannten Person in einem winzigen Zweibettzimmer und Dusche/ WC auf dem Flur?
An Europa interessierte Menschen sind das, offene und neugierige Lehrerinnen und Lehrer , die Kontakte knüpfen möchten, sich austauschen und lernen wollen. Derzeit werden auch politische Diskussionen geführt, offen und frei. Nach dem Besuch des Museums des Zweiten Weltkriegs entsteht einen zweisprachige Debatte über Geschichtsvermittlung, unterschiedliche Perspektiven der Geschichtsschreibung und der Frage, ob die polnische Regierung sich zu sehr in die Gestaltung des Museums einmischte. Auch ein Besuch des stellvertretenden Bürgermeisters Danzigs, der den polnisch-deutschen Austausch befürwortet und unterstützt, unterstreicht die Dimnsionen des Tandemsprachkurses.
Es ist eben viel mehr als eine fremde Sprache zu lernen, sondern ein sich Einlassen auf eine andere spannende Kultur und viel viel Freude mit anderen Europären.
Na dann „Do widzenia“.
von Eva Martens-Salzmann